Verbindliche Auskunft

Nach § 89 Abs. 2 AO können die Finanzämter und das Bundeszentralamt für Steuern auf Antrag verbindliche Auskünfte über die steuerliche Beurteilung von genau bestimmten, noch nicht verwirklichten Sachverhalten erteilen, wenn daran im Hinblick auf die erheblichen steuerlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse besteht.

Der Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft ist schriftlich zu stellen und hat zu enthalten:

  1. die genaue Bezeichnung des Antragstellers (Name, bei natürlichen Personen: Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt; bei Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen: Sitz oder Ort der Geschäftsleitung; soweit vorhanden Steuernummer),
  2. eine umfassende und in sich abgeschlossene Darstellung des zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht verwirklichten Sachverhalts,
  3. die Darlegung des besonderen steuerlichen Interesses des Antragstellers,
  4. eine ausführliche Darlegung des Rechtsproblems mit eingehender Begründung des eigenen Rechtsstandpunktes des Antragstellers,
  5. die Formulierung konkreter Rechtsfragen,
  6. die Erklärung, dass über den zur Beurteilung gestellten Sachverhalt bei keiner anderen der in § 89 Abs. 2 Satz 2 und 3 AO genannten Finanzbehörden (Finanzämter oder Bundeszentralamt für Steuern) eine verbindliche Auskunft beantragt wurde, sowie
  7. die Versicherung, dass alle für die Erteilung der Auskunft und für die Beurteilung erforderlichen Angaben gemacht wurden und der Wahrheit entsprechen.

Bezieht sich die verbindliche Auskunft auf einen Sachverhalt, der mehreren Personen steuerlich zuzurechnen ist (§ 179 Abs. 2 Satz 2 AO), kann die Auskunft nur von allen Beteiligten gemeinsam beantragt werden. Die Beteiligten sollen einen gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten bestellen, der ermächtigt ist, für sie alle Verwaltungsakte und Mitteilungen in Empfang zu nehmen.

Damit der Sachverhalt rechtlich beurteilt werden kann, müssen alle erforderlichen Angaben gemacht werden. Das Finanzamt ist aber berechtigt, den Antrag abzulehnen, falls es selbst noch Ermittlungen durchführen muss (BFH, 03.08.2001 – VIII B 121/00; BFH/NV 2002, 181). Bei unvollständigen Anträgen, insbesondere bei erkennbar unvollständiger Sachverhaltsdarstellung kann das Finanzamt dem Antragsteller Gelegenheit geben, die fehlenden Angaben nachzuholen bzw. zu ergänzen. Erfolgt hierauf keine Resonanz, wird die Erteilung der Auskunft abgelehnt. Auf keinen Fall darf das Finanzamt ungeklärte Sachverhalte durch eine Außenprüfung ermitteln lassen (OFD München, 23.01.2004 – S 0430 – 3 St 312).

Ist der dargestellte Sachverhalt bereits abgeschlossen, lehnt das Finanzamt eine verbindliche Auskunft generell ab. Die Rechtsfragen werden ausschließlich im Veranlagungs- bzw. im Feststellungsverfahren beurteilt. In diesem Fall kann der Steuerpflichtige auf Grund der beantragten Auskunft keine Dispositionen mehr treffen. Eine Auskunft wird vom Finanzamt ebenfalls abgelehnt, wenn der Sachverhalt nach der Antragstellung aber vor der Auskunft des Finanzamts abgeschlossen wurde. Auch hier sind weitere Dispositionsmöglichkeiten ausgeschlossen.

Das Finanzamt kann den Antrag auf verbindliche Auskunft ablehnen. Hierzu ist es berechtigt, wenn durch den Antrag die Erzielung eines Steuervorteils im Vordergrund steht z.B.

  1. Prüfung von Steuersparmodellen,
  2. Feststellung der Grenzpunkte für einen Gestaltungsmissbrauch oder
  3. Feststellung der Grenzpunkte für das Handeln eines ordentlichen Geschäftsleiters oder wenn zu dem Rechtsproblem eine
  4. gesetzliche Regelung
  5. höchstrichterliche Entscheidung oder
  6. Verwaltungsanweisung in absehbarer Zeit zu erwarten ist.

Die von der nach § 89 Abs. 2 Satz 2 und 3 AO zuständigen Finanzbehörde erteilte verbindliche Auskunft ist für die Besteuerung des Antragstellers oder für die Besteuerung der Person, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, die den Sachverhalt verwirklicht hat, bindend, wenn der später verwirklichte Sachverhalt von dem der Auskunft zugrunde gelegten Sachverhalt nicht oder nur unwesentlich abweicht. Die verbindliche Auskunft bindet gem § 2 Abs. 1 Satz 2 StAuskV grundsätzlich auch dann zugunsten des Steuerpflichtigen, wenn sie rechtswidrig ist (BFH v. 16.5.2013 – V R 23/12, BStBl. II 2014, 325; BFH v. 12.8.15 – I R 45/14, BFHE 251, 119). Die verbindliche Auskunft ist nicht bindend, wenn sie zuungunsten des Steuerpflichtigen dem geltenden Recht widerspricht, § 2 Abs. 1 Satz 2 StAuskV.