Als Erprobungswaren werden Waren bezeichnet, die zu Prüfungs-, Analyse- oder Versuchszwecken eingeführt werden. Diese können mit dem Zollverfahren Endverwendung zollfrei in das Zollgebiet der EU eingeführt werden.
Nach Artikel 95 ff. Zollbefreiungsverordnung kommen als Erprobungswaren sämtliche Waren in Betracht,
- die sich selbst als Gegenstand der Überprüfung, der Analyse oder des Versuchs darstellen (aktive Erprobung),
z.B. Brennstoffe zum Vergleichen ihrer Brennstoffgehalte oder - mittels derer andere Waren geprüft werden sollen (passive Erprobung),
z.B. Flaschen zum Testen eines Leergutautomaten.
Eine Zollbefreiung wird nur für die Warenmenge gewährt, die für den bestimmten Zweck unbedingt erforderlich ist. Die Menge wird für jeden Einzelfall bei der Abfertigung festgelegt.
Restliche Waren
Grundsätzlich müssen die Erprobungswaren während der Prüfung, der Analyse oder des Versuchs vollständig verbraucht oder restlos vernichtet werden (z.B. Brennstoffe beim Vergleichen der Brennstoffwerte). Aus in ihrer Natur liegenden Gründen können bestimmte Waren diese Voraussetzung jedoch nicht erfüllen. Folgende Fälle sind hier denkbar:
- Erprobungswaren werden überhaupt nicht verändert (z.B. Flaschen zum Testen von Leergutautomaten);
- Erprobungswaren werden in neue Erzeugnisse umgewandelt (z.B. aus Pappe entstehen beim Testen einer Verpackungsmaschine Kartons);
- bei der Erprobung fallen Reste an (z.B. beim Testen von Spinnstoffen entstehen Stoffverschnitte);
- bei der Erprobung fallen Abfälle an (z.B. bei der Holzanalyse entstehen als Abfallprodukt Späne);
- Waren werden gar nicht eingesetzt (z.B. Flaschen, die sich aufgrund ihrer Größe für den oben angegebenen Test des Leergutautomaten als ungeeignet erweisen).
Für diese sogenannten restlichen Waren wird eine Abgabenbefreiung nur gewährt, wenn diese nach Beendigung der Prüfung, Analyse oder des Versuchs
- vollständig vernichtet oder in Waren ohne Handelswert umgewandelt werden,
- aus dem Zollgebiet der Union ausgeführt werden oder
- unentgeltlich zugunsten der Staatskasse aufgegeben werden (Diese Möglichkeit besteht in Deutschland nicht, kann aber für solche Fälle von Bedeutung sein, in denen Prüfungen in mehreren Mitgliedstaaten stattfinden.).
Ist beabsichtigt, diese „restlichen Waren“ anderweitig im Zollgebiet der Union zu belassen, so sind sie unter Erhebung der entsprechenden Einfuhrabgaben in den nun nicht mehr überwachten freien Verkehr zu überführen.
Ausgeschlossene Waren
Ausgeschlossen von der Befreiung sind Waren in den Fällen, in denen die vorgesehenen Prüfungsmaßnahmen vordergründig zu Zwecken der Absatzförderung (z.B. Werbung) durchgeführt werden, z.B. um den Umsatz für ein bereits im Handel befindliches Erzeugnis durch deren Erprobung zu verbessern. Hier kommt evtl. eine Zollbefreiung nach den Bestimmungen für Warenmuster und Warenproben in Betracht.
Verwendungszweck
Erprobungswaren sind nur dann von den Einfuhrabgaben befreit, wenn sie zur Bestimmung von Zusammensetzung, Beschaffenheit oder anderen technischen Merkmalen für Informationszwecke, industrielle oder kommerzielle Forschungszwecke geprüft, analysiert oder erprobt werden sollen.
Pflichten des Verwenders
Die Gewährung der Zollfreiheit ist für den Verwender mit den folgenden Pflichten verbunden:
- Die Erprobungsmaßnahme ist innerhalb der von der abfertigenden Zollstelle festgesetzten Verwendungsfrist durchzuführen.
- Der Verwender hat die Beendigung der Erprobung der Überwachungszollstelle unverzüglich anzuzeigen. Hierbei ist auch mitzuteilen, ob Reste, Abfälle oder andere Erzeugnisse angefallen oder ursprünglich überlassene Waren nicht verwendet worden sind. Diese sind für Prüfungsmaßnahmen der Zollbehörde mindestens eine Woche nach Absendung der Anzeige aufzubewahren.
- Die beabsichtigte Vernichtung, Umwandlung (Zerstörung) oder Ausfuhr der restlichen Waren ist rechtzeitig anzuzeigen, sodass die zuständige Zollstelle die geplante Maßnahme überwachen kann.
- Der Verwender hat der Überwachungszollstelle die Bemessungsgrundlagen (Zollwert) mitzuteilen, sofern er beabsichtigt, die restlichen Waren in den freien Verkehr zu überführen.
Zweckbindung
Erprobungswaren unterliegen auch nach der Abfertigung bis zum Abschluss der vorgesehenen Prüfung, Analyse oder des Versuchs der zollamtlichen Überwachung. Somit darf der Verwender die Gegenstände nur zu den vorgesehenen Zwecken benutzen und diese grundsätzlich keiner anderen Person überlassen, d.h. er darf sie insbesondere nicht verleihen, verpfänden, vermieten, verkaufen oder verschenken.
Zulässig ist allerdings die Weitergabe von Erprobungswaren an einen anderen Verwender, der die Waren ebenfalls zu Prüfungs- oder Analysezwecken nutzen will. In diesem Fall ist die für den abgebenden Verwender zuständige Zollstelle zu informieren. Dabei ist dieser Zollstelle eine vom empfangenden Verwender unterzeichnete Erklärung für Erprobungswaren (Formular 0123) vorzulegen. Die Zollstelle erteilt daraufhin die schriftliche Genehmigung zur Überlassung und informiert die für den Empfänger zuständige Zollstelle, sofern er nicht in ihrem eigenen Zuständigkeitsbereich ansässig ist.
In den Fällen, in denen die Waren nicht wie vorgesehen verwendet oder nicht berechtigten Personen überlassen werden, entsteht die Zollschuld.
Zollanmeldung, Formulare
Waren, für die eine außertarifliche Zollbefreiung beantragt werden soll, sind mit elektronischer oder schriftlicher Zollanmeldung zur Überführung in die Endverwendung anzumelden. Dazu werden benötigt:
- bei schriftlicher Anmeldung die Exemplare 6 und 8 des Einheitspapiers, bei elektronischer Anmeldung ist die Angabe des EU-Codes 33 erforderlich
- gegebenenfalls die Anmeldung der Angaben über den Zollwert (Zollwertanmeldung; Formular 0464) und
- die Erklärung für Erprobungswaren (Formular 0123), auf der ausführliche Angaben zu den Erprobungswaren und der Erprobung selbst zu tätigen sind. Diese Erklärung ist auch bei Abgabe einer elektronischen Anmeldung erforderlich.
Einfuhrumsatzsteuer und Verbrauchsteuer
Waren, die als Erprobungswaren im Sinne des Zollrechts gelten und als solche unter Zollbefreiung in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt werden, sind in Deutschland von der Einfuhrumsatzsteuer befreit, § 1 Abs. 1 Einfuhrumsatzsteuer-Befreiungsverordnung. Gleiches gilt grundsätzlich für die Verbrauchsteuer, § 1 Abs. 1 Nr. 1 d) Einfuhr-Verbrauchsteuerbefreiungsverordnung (EVerbrStBV). Lediglich Energieerzeugnisse sind von der Verbrauchsteuerbefreiung ausgeschlossen, § 3 EVerbrStBV.